Hégère Khaldi
Vitiligo: Sich trotz vermeintlicher Makel lieben lernen
Interview mit Hégère Khaldi
Mit 30 Jahren entdeckte Hégère Khaldi (35) erste feine weisse Flecken um die Augen, womit ihr Weg der Akzeptanz seinen Anfang nahm. Zwischen emotionalen Schocks, medizinischem Unverständnis und der Suche nach Gelassenheit teilt sie auf einfühlsame Weise ihre Erfahrungen mit Vitiligo. Ein bewegendes Zeugnis, das uns daran erinnert, wie wichtig es ist, auf sich zu achten und zu lernen, sich mit all seinen Facetten anzunehmen.
Wie alt waren Sie, als Sie Ihre ersten hellen Flecken entdeckt haben?
Ich entdeckte meine ersten hellen Flecken vor etwa 5 Jahren, als ich 30 Jahre alt war.
Sie waren sehr diskret, wie kleine weisse Punkte um meine Augen herum.
Wie haben Sie sich gefühlt?
Zuerst dachte ich, es sei eine allergische Reaktion auf ein neues Make-up, das ich ausprobiert hatte. Ich unternahm ein paar Tage nichts, aber dann merkte ich, dass aus den Pünktchen kleine Flecken wurden. Ich beschloss, einen Hautarzt aufzusuchen, weil ich dachte, eine Creme würde das Problem lösen.
Wie hat Ihr Umfeld reagiert?
Als der Hautarzt mir meine Diagnose eröffnete, war ich schockiert und fing an zu weinen. Ich erinnere mich, dass ich in eine Apotheke gerannt bin, um mir die beste deckende Foundation zu kaufen, in der Hoffnung, dass dies mich trösten würde. Meine Umgebung hat glücklicherweise sehr wohlwollend reagiert, das war sehr wichtig.
Haben Sie eine Ahnung, was die Vitiligo ausgelöst haben könnte?
Ich bin jemand, der emotional alles erträgt, ohne es zu zeigen. Mein familiäres, freundschaftliches und amouröses Umfeld war immer sehr speziell... Konflikte, Enttäuschungen, Trennungen, Unwohlsein, Gewalt... Aber ich bin trotzdem ein sonniger Mensch. Ich glaube, der Auslöser war eine Aneinanderreihung kleiner Dinge, die im Laufe der Jahre immer wieder aufgetaucht sind.
Hat sich nach dem Ausbruch der Krankheit etwas in Ihrem Leben verändert?
Es gab ein Vorher und ein Nachher: Ich gehe nicht mehr ungeschminkt aus dem Haus. Aber ich habe das relativiert und mir gesagt, dass es an sich nicht schlimm, sondern nur unästhetisch ist. Am Anfang habe ich mich eher darauf konzentriert und nur noch die Flecken gesehen. Aber jetzt achte ich weniger darauf; die Vitiligo ist ein Teil von mir.
Haben Sie jemals negative Erfahrungen in der Öffentlichkeit gemacht?
Nein, da ich mich immer schminke, fällt es nicht unbedingt auf. Im Laufe des Tages kann es schon mal vorkommen, dass mein Make-up verblasst und ich ein paar neugierige Blicke ernte, aber das ist nicht schlimm. Ich glaube, es ist vor allem Neugier.
Wie haben Sie Ihre Vitiligo behandelt?
Ich habe angefangen, eine Creme aufzutragen, die mir der Dermatologe verschrieben hat. Aber weil sie so gebrannt hat, habe ich die Behandlung abgebrochen. Ich versuche nun, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, die gut für die Haut sind.
Wie hat Ihr Hautarzt reagiert? Haben Sie sich ernst genommen und gut beraten gefühlt?
Er war kühl und hat nicht wirklich interessiert, die Ursache zu verstehen oder mir die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu erklären. Ich fühlte mich überhaupt nicht unterstützt; er hat mir nur geraten, zu einem Vitiligo-Spezialisten zu gehen. Bei diesem war es allerdings noch schlimmer: Der Spezialist schlug mir alle möglichen belastenden und teuren Behandlungen wie Hauttransplantationen und UV-Bestrahlungen vor, ohne überzeugt zu sein, dass sie eine Verbesserung bringen würden.
Haben Sie Zugang zu psychologischer Unterstützung oder Selbsthilfegruppen gesucht? Wenn ja, hat Ihnen das geholfen?
Ich bin ein eher zurückhaltender Mensch, der wenig von seinen persönlichen Gefühlen preisgibt. Ich glaube nicht, dass diese Art von Krankheit wirklich ernst genommen wird, vor allem, wenn man nicht damit geboren wurde. Oft sagen die Leute: «Aber das ist doch nichts, es gibt Schlimmeres, ausserdem ist ein Model dafür berühmt», nur sind wir keine Models... Sie hoffen, uns damit aufmuntern zu können, aber es gibt eine Zeit der Akzeptanz, die je nach psychologischer Anfälligkeit mehr oder weniger lange dauert und schwierig ist. Ein böser Blick oder ein Spruch genügen, um die Mauer des Vertrauens, die man lange aufgebaut hat, wieder zum Einstürzen zu bringen. Ich denke, dass in solchen Fällen psychologische Unterstützung hilfreich sein kann, ohne dramatisieren zu wollen. Wir können die Blicke von aussen nicht kontrollieren. Ich denke vor allem, dass die Gesellschaft über Vitiligo aufgeklärt werden muss.
Was würden Sie anderen Betroffenen empfehlen?
Sich die Zeit zu nehmen, sich selbst zu akzeptieren. Die Haut ist ein Wunderwerk und wir müssen sie pflegen, Vitiligo hin oder her. Ich würde auch empfehlen, auf Stress und Ernährung zu achten, Unannehmlichkeiten möglichst zu vermeiden und sich bei einem emotionalen Schock Zeit für sich selbst zu nehmen.
Wenn ich fragen darf: Wie wirkt sich Vitiligo auf Ihren Teint aus? Nehmen die Flecken bestimmte Farbtöne an?
Vitiligo hat keine negativen Auswirkungen auf meinen Teint, solange die Haut gut mit Feuchtigkeit versorgt ist, sonst kann es zu trockener Haut kommen. Manchmal nehmen die Flecken mehr oder weniger rosa Farbtöne an, bleiben aber grundsätzlich immer weiss.
Bekommt man auf depigmentierten Hautstellen leichter einen Sonnenbrand?
Nein, denn ich schütze meine Haut gut und gehe selten in die Sonne. Ich passe auf, weil die depigmentierten Stellen trotzdem empfindlicher sind und besondere Aufmerksamkeit erfordern.
Gibt es etwas Positives, das Sie aus Ihrer Erfahrung mit Vitiligo gelernt haben?
Ja, ich habe gelernt, mich zu akzeptieren, zu lieben und zu relativieren. Man neigt dazu, noch mehr auf sich zu achten.
Möchten Sie noch etwas hinzufügen, das Ihnen wichtig ist?
Ich möchte hinzufügen, dass ich mich gefreut habe, dieses Interview zu geben. Es ist eine gute Gelegenheit für mich, mich zu äussern, und es ermutigt Sie hoffentlich, mit der wichtigen Aufgabe der Patientenvertretung weiterzumachen. Vielen Dank für diese Initiative!