Kuraufenthalt am Toten Meer

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Wie steht es um die Klimakur am Toten Meer?

 

Interview mit Dr. Marco Harari, Direktor DMZ Klinik, Lot Spa Hotel, Ein Bokek, Totes Meer

 

Eine Klimakur am Toten Meer ist nach wie vor erhol- und heilsam. Während Psoriasis-Betroffene von längeren Sonnenbädern profitieren, ist bei Vitiligo-Betroffenen wegen der depigmentierten Stellen jedoch Vorsicht geboten. Auch profitieren Menschen mit Psoriasis erheblich mehr von einem Kuraufenthalt als Menschen mit Vitiligo. Die Hautsache im Gespräch mit einem Insider. (ce)


Wovon profitieren Betroffene von Psoriasis oder Vitiligo, wenn sie ans Tote Meer reisen?

Zu den klimatischen Faktoren einer Kur am Toten Meer gehören: ultraviolette Strahlung mit geringer Intensität und unterschiedlichen Wellenlängen, ein erhöhter Sauerstoffpartialdruck, eine sehr niedrige relative Luftfeuchtigkeit, ein Salzsee mit einer sehr hohen Konzentration an besonders heilsamen Mineralien und Schlamm, der ebendiese Mineralien enthält.


Erhalten sie ein individuelles Behandlungsprogramm?

Ja, sowohl Psoriasis- wie auch Vitiligo-Betroffene, die zur Behandlung in unsere Klinik kommen, erhalten ein präzises, individuelles Behandlungsprogramm. Nachdem die Patientin oder der Patient von der medizinischen Sekretärin, der Pflegefachkraft und dem Arzt empfangen worden sind, wird dieses sorgfältig zusammengestellt. Das Programm besteht aus Bädern im Toten Meer und Sonnenbädern, deren Häufigkeit und Dauer schrittweise gesteigert und durch regelmässige Besuche bei der Pflegefachkraft und beim Arzt, der Ärztin überwacht werden. Das Programm wird unter anderem dem Fototyp der Haut des Patienten, der Ausbreitung der Krankheit und der aktuellen Jahreszeit angepasst. Schlammanwendungen sind Patienten vorbehalten, die an Psoriasis-Arthritis (oder anderen rheumatischen Erkrankungen) leiden.


Wann ist die günstigste Reisezeit für Psoriasis- und Vitiligo-Betroffene?

Es gibt einen Pflegekalender für Psoriasis: von April bis Oktober. Bei Vitiligo ist er sehr ähnlich, aber es gibt Ausnahmen.


Wie lange sollte eine Klimakur bei Psoriasis bzw. Vitiligo dauern?

Wir empfehlen mindestens drei Wochen. Manchmal kann ein kürzerer Aufenthalt genauso wirksam sein, wenn ihm besondere Vorbereitungen vorausgehen (lokale Behandlung oder Fototherapie). Allerdings haben wir festgestellt, dass eine zusätzliche Woche die langfristigen Ergebnisse zweifellos verbessert.


Gibt es einen Unterschied in der Behandlung von Psoriasis- und Vitiligo-Betroffenen? Und wie profitieren Vitiligo-Betroffene von den Gegebenheiten am Toten Meer?

Ja, auf jeden Fall. Das Protokoll ist zwar das gleiche, aber die Dauer der Sonnenbestrahlung ist bei Vitiligo-Patientinnen und -Patienten aufgrund der besonderen Sonnenempfindlichkeit der depigmentierten Läsionen anders. Eine Studie hat gezeigt, dass Bäder im Toten Meer die Ergebnisse bei Vitiligo-Patienten etwas verbessern. Bei Menschen mit Psoriasis zeigten Studien, dass diese Bäder erheblich am Behandlungserfolg beteiligt sind.


Welche Behandlungen bieten Sie in der im Lot Spa Hotel integrierten Klinik an?

Die DMZ Klinik (Deutsches Medizinisches Zentrum) bietet vor allem medizinische Betreuung während der Klimatherapie an. Dank ihrer Erfahrung mit den verschiedenen klinischen Formen der Krankheit gelingt es den Mitarbeitenden, einen vertieften Kontakt zu den Patientinnen und Patienten herzustellen. Sie bieten den Betroffenen, die oft schon seit vielen Jahren leiden, einen komfortablen Aufenthalt, der Rehabilitation und die Wiedererlangung ihres Selbstbewusstseins ermöglicht. Die Klinik nutzt ebenfalls die Angebote des hoteleigenen SPAs. Diese umfassen spezielle Behandlungen am Toten Meer wie warme Schlammanwendungen und Bäder in schwefelhaltigem Mineralwasser oder in einem Pool mit Wasser aus dem Toten Meer. Es werden aber auch alle klassischen SPA-Behandlungen angeboten: Sauna, türkisches Bad, Massage und kosmetische Behandlungen.


Wie steht es um die Wasserknappheit?

Das Tote Meer besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen: Der grössere Teil ist der nördliche. Hier sinkt der Wasserstand seit Jahren. Der südliche Teil, an dessen Ufer sich die Hotels befinden, ist nicht der gleichen Bedrohung ausgesetzt. Obwohl der Wassermangel unsere Klinik und unsere medizinischen Aktivitäten nicht direkt betrifft, stellt er dennoch ein grosses Umweltproblem dar. Die Lösung, die derzeit vorbereitet wird – der Zwei-Meeres-Kanal, der das Rote und das Tote Meer verbindet – könnte eine Verbesserung bringen, auch wenn es noch viele Gegenstimmen zur Verwirklichung gibt.


Wie ist die aktuelle politische Lage? Wie sicher sind Reisen für Kurgäste ans Tote Meer?

Der Medizintourismus nach Israel hat schon immer unter den Folgen der Sicherheitslage und der politischen Situation gelitten. Wir sind es daher gewohnt, dass die Patientenzahlen je nach Situation in der Klinik zurückgehen. Im Moment sieht es so aus, als würden die Anmeldungen nach den zwei Jahren Pandemie wieder etwas zunehmen. Leider könnten die neusten Entwicklungen, einschliesslich des jüngsten Anschlags in Tel Aviv (Stand April 2022), diesen Trend beeinträchtigen.


Haben Sie Tipps für Betroffene, die zum ersten Mal ans Tote Meer reisen?

Ganz bestimmt! Konsultieren Sie einen Arzt, bevor Sie sich der Sonne aussetzen oder ein Bad im Toten Meer nehmen. Entgegen der langlebigen, weit verbreiteten Meinung kann man am Toten Meer einen Sonnenbrand bekommen!


Was gefällt Ihnen persönlich am besten am Toten Meer?

Meine Arbeitstage in der Klinik lassen es nicht zu, dass ich die aussergewöhnlichen klimatischen Faktoren dieser Region in vollem Umfang geniessen kann. Aber das macht mir nichts aus. Was mir am Toten Meer am besten gefällt, sind die Patientinnen und Patienten! Sie kommen aus allen Ecken der Welt, um ihre Schwierigkeiten im Kampf gegen die Krankheit zu schildern. Ich lerne immer viel von ihnen. Wenn ich mich mit ihnen unterhalte, ihre Bedürfnisse verstehe und versuche, diese zu erfüllen, bin ich zufrieden und dankbar.